Klaus Hansen über »Sonja war hier« - Roland Reischl Verlag

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Klaus Hansen über »Sonja war hier«

Autoren > Autoren F-N > René Klammer
Am Anfang geht es schief, am Ende schafft sie es.
 
Dazwischen liegt ein fast 300-seitiges Selbstgespräch des namenlosen Ich-Erzählers. Er spricht mit sich über Sonja, manchmal auch in Gegenwart von Sonja und im Dialog mit ihr. Dabei verrät er viel über sich und wenig über Sonja.
 
Sonja hat pathische Züge. Sie meidet Nähe und leidet im Abseits – beides als Mitglied einer lebenslustigen Clique langjähriger Freunde, die sie nicht missen möchte.
 
Der Ich-Erzähler und Sonja kennen sich seit gemeinsamen Tagen auf der Schulbank. Er ist Übersetzer, sie promovierte Chemikerin. Er ist verheiratet und werdender Vater, aber Sonja ist seine Passion. Er reibt sich auf in seiner Hilfswilligkeit für Sonja. Er lässt sie, die in Ruhe gelassen werden will, einfach nicht in Ruhe.
 
Hört die beruflich erfolgreiche und noch junge Sonja: „Dir stehen doch alle Wege offen!“, antwortet sie: „Das ist ja das Elend.“ Was aufmunternd gemeint ist, kommt als Tiefschlag zurück. – Ist Sonja eine arme Seele, der nicht zu helfen ist? Vielleicht. Wahrscheinlich würde der Ich-Erzähler sie eine reiche Seele nennen, der erst recht nicht zu helfen ist.
 
Es ist ein keusches Buch. Obwohl es junge Leute im besten Alter sind, kommt Sex nicht vor. Man achtet aufeinander, man zärtelt, man pflegt die Igel-Balance: nicht zu nah, damit man sich nicht sticht, nicht zu fern, damit man sich noch wärmt.
 
Das ganze Leben ist eine anstrengende, nervenzehrende Äquilibristik.
 
Und am Ende steht immer der Tod. Der Leser kommt nicht umhin, sich vom melancholischen Atem des Buches anhauchen zu lassen und beendet niedergeschlagen die Lektüre.
 
Ein Buch, das einem so nahe geht und nachgeht, auch weil es mehr Fragen aufwirft als Antworten gibt, ist unbedingt zu empfehlen.


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